Immerhin gut elf Jahre und elf Filme aus dem Hause Toho musste es dauern, bis mit Gamera (zum Namen und zur Vorgeschichte siehe beim Eintrag) ein ernstzunehmender (und, trotz aller teils deutlichen „Anleihen“ fast ebenso erfolgreicher) Konkurrent für Godzilla auf der Leinwand das Licht des Lebens erblickte- die Riesenschildkröte (im Gegensatz zu ihrem tierischen Vorbild meist auf zwei Beinen oder sogar fliegend unterwegs) eroberte die Herzen der japanischen Monsterfans schnell, auch, wenn der erste Film (als letzter japanischer Monsterfilm überhaupt) noch in Schwarz/Weiss produziert wurde (während die Toho längst schon auf Farbe umgeschwenkt war). Warum es Gamera jedoch (mit Ausnahme des zweiten Filmes, der dazu hierzulande allerdings in einen Godzilla-Film „umbenannt“ wurde) jedoch nicht nur nicht weiter in deutsche Kinos schaffte, sondern es auch noch Jahrzehnte dauern sollte, bis alle Filme hierzulande überhaupt veröffentlicht wurden, bleibt ein Rätsel. Qualitätstechnisch jedenfalls muss sich keiner der Gamera-Filme hinter den meisten der Toho-Werke verstecken.
Während Gamera schon ab seinem zweiten Film der Beschützer und Freund der Menschen wurde (bei Godzilla hatte dies ja länger gedauert), ist er hier noch das amoklaufende, zerstörerische Monster (mit der grossen Ausnahme, daß er dem Kinderhelden des Films, Toshio, das Leben rettet, wodurch der Junge den Zuschauer den gesamten Film hindurch nerven darf, indem er immer wieder- frei übrigens nach einem Zitat von Toho-Stammregisseur Honda- betont, daß das Monster doch eigentlich gar nicht böse, sondern nur hungrig, allein und „verwirrt“ sei. Womit auch schon das grosse und im Prinzip einzige schlimme Manko des Films angesprochen wäre: das klugscheisserisch-anstrengende Blag, das wir ja ähnlich auch aus einigen Toho-Filmen schon kennen).
Erstes Treffen: Das Monster und der kleine Junge- ach, bitte, fress ihn doch... |
Der Film startet (trotz unsinnigem Off-Kommentar) direkt von Null auf rasant und kann sein Tempo auch problemlos halten- mitten im (Zitat) „Kalten Krieg“ wird von amerikanischen Jagdbombern über der Arktis ein „feindlicher“ (aber keiner Nation zugeordneter) Bomber abgeschossen. Die mitgeführte Atombombe explodiert (Kurz wird thematisiert, daß das für die in der Nähe aktive zoologische Expedition unter Leitung von Doktor Hidaka nicht gesund ist, die kleine Kritik am Atom- nicht gerade selten in derlei Filmen- dann aber nicht weiter aufgegriffen, im Gegenteil die Atombombe gar als Mittel gegen das Monster diskutiert). Gamera erwacht und zerstört mal eben einen Eisbrecher, bevor er sich verdrückt. Nach einem Abstecher auf die Insel Hokkaido (wo er, siehe oben, zwar Schrecken verbreitet, aber -leider- auch das Kind rettet), wird Tokio zu seinem Hauptziel und die Menschen müssen feststellen, daß all ihr Militärzeugs nichts gegen das prähistorische Monster ausrichten kann. Nicht nur, daß Gamera fliegen kann (indem er sich in eine Art UFO verwandelt, was dem Zuschauer einen grandios-überkandidelten Verwandlungseffekt beschert), er kann auch noch das auf ihn geschossene „Feuer“ schlucken und wird davon noch stärker. Auch verändert er die atmosphärischen Bedingungen auf der Erde (aktuelles Thema, aber hallo) und es kommt zu Naturkatastrophen.
Den verfeindeten Nationen bleibt keine andere Wahl, als sich zusammenzuraufen, und gemeinsam nach einer Lösung zu suchen- zum Wohle der Menschheit...
Richtig toll gemacht, liebe Daiei-Studios (deren einziges Filmmonster Gamera blieb), das ist feinster und bester Toho-Film, den halt nur ein anderes Studio ablieferte, ein solider Monsterknaller vor dem Herrn (dessen Level tatsächlich in den Folgefilmen teils noch gesteigert wurde). Zwar gerne mehr als nur angelehnt an das offensichtliche Vorbild, aber eben genau das auf hohem Niveau und als eine Freude für den Genreliebhaber.
Die Handlung mag vorhersehbar sein (aber in welchem Monsterfilm ist sie das nicht, wobei hier aber eine gelungene Monsterentsorgungspointe einen Schlusspunkt besonderer Absurdität setzt), und die schauspielerischen Leistungen zumeist eher affektiert (aber in welchem Monsterfilm sind sie das nicht, wobei hier die Akteure erfrischend selbstironisch und sich selbst nicht allzu ernst nehmend zu Werke gehen), doch sind das doch eher Punkte, die wir bei entsprechenden Filmen nicht unbedingt als die entscheidenden betrachten (und sogar als Stilmittel sehen wollen). Der grosse Spassfaktor ist hier, das die Geschichte fliesst und auf Seitenstränge (und Langeweilestreckereien) verzichtet.
Das abwechslungsreich-aufregend fotografierte Bild (das schwarz-weisse, wohl damals aus finanziellen Gründen genutzte, ist hier nicht von Nachteil, unterstreicht eher die gelungene Licht-und-Schatten-Arbeit) und der Ton (wenn auch in Deutsch des öfteren Dialoge arg gestelzt und mit manch unpassender Stimme synchronisiert wurden) sind wunderbar erhalten; die Tricks und Miniaturbauten vom Feinsten (über den Aussetzter mit dem Badewanneneisbrecher am Anfang hüllen wir da mal den Mantel des Schweigens); und selbst die Green Screen-Technik rockt hier den Gesamteindruck. Der arme Kerl, der im bis zu einem Zentner schweren Riesenschildkrötenkostüm durch die Szenerie stampfen und alles kaputttreten musste, kann einem wie in allen Filmen des Genres nur leid tun, macht seinen Job dafür aber ausserordentlich und wie nur selten geradezu „geschmeidig“.
Fazit:
Unterhaltsam, gelungen, kurzweilig- eine „Kopie“ mit grosser Eigenqualität, Originalität und typischer Bombastmusik in Reinkultur. Der macht Lust auf mehr Gamera, gut, daß noch ein paar mehr nachkamen.
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